Freitagsansprache vom 14.10.2011 Die üble Nachrede (al-Ghîbah)

 

Die üble Nachrede (al-Ghîbah)

Dank gebührt Allâh, dem Erhabenen. Möge Allâh uns vor dem Begehen von Sünden beschützen. Derjenige, der von Gott rechtgeleitet wurde, wird nicht in die Irre gehen und derjenige, der von Gott in die Irre geleitet wurde, wird keine Rechtleitung finden. Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Allâh gibt, der Einzige, Der keinen Teilhaber hat und Dem nichts und niemand gleicht. Derjenige, Der keine Gestalt, keine Form und keine Glieder hat. Derjenige, Der kein Körper ist und keine Maße hat. Derjenige, Der ohne Ort existiert. Und ich bezeuge, dass unser geehrter, geliebter und großartiger Prophet Muhammad, Diener und Gesandter Gottes ist. AsSalâtu undas-Salâmufür dich, o Gesandter von Allâh, und alle anderen Propheten.

Sodann, Diener Gottes, ich ermahne euch und mich zur Rechtschaffenheit.

Allâhu Ta^âlâ sagt in der Sûrah al-Hudjurât, Âyah 12:

﴿يَا أَيُّها الَّذينَ ءَامنُوا اجْتَنِبُوا كَثِيرًا مِّنَ الظَّنِّ إِنَّ بعضَ الظّنِّإِثْمٌ ولا تَجَسَّسُوا ولا يَغْتَب بَّعضُكُمْ بَعْضًا أَيُحِبُّ أَحَدُكُم أَنْ يَأْكُلَ لَحْمَ أَخِيهِ مَيْتًا فَكَرِهْتُمُوهُ وَاتَّقُوا اللهَ إِنَّ اللهَ تَوَّابٌ رَحِيمٌ﴾

Die Bedeutung lautet: O ihr Gläubigen, unterlasst vieles vom Verdacht, denn manch ein Verdacht ist Sünde; und sucht nicht nach den Fehlern anderer; und redet nicht übel über einander nach; mag es etwa jemand von euch, vom Fleisch seines verstorbenen Bruders zu essen? Ihr hasst es! Und fürchtet Allâh, gewiss, Allâh vergibt und ist gnädig.

Bruder im Islam, wisse, dass die verantwortliche Person verpflichtet ist, ihre Zunge vor dem Verbotenen zu bewahren, denn die Zunge ist so, wie Imâm al-Ghazâliyy, möge Allâh ihm gnädig sein, sie beschrieb: „Die Zunge hat eine kleine Größe, jedoch werden viele Sünden mit der Zunge begangen.“ Denn das Sprechen ist die meiste Handlung, die der Mensch ausführt, somit sollte der Mensch auf seine Zunge achten, weil das viele Sprechen, auch wenn man Legitimes spricht, zu Verhasstem oder zu Sünden führen kann.

Heutzutage hat sich eine abscheuliche Gewohnheit verbreitet, die die Angehörigen und Freunde auseinander treibt und zur Unterbrechung der verwandtschaftlichen Beziehungen führt, weil sie zum Hass führt; und das ist die üble Nachrede (al-Ghîbah). Brüder im Islam, was ist die üble Nachrede? Der Imâm Muslim überlieferte über Abû Hurayrah, dass der Gesandte Gottes sagte:

أَتَدْرُونَ مَا الْغِيبَةُ؟" قَالُوا: اللهُ وَرَسُولُهُ أَعْلَمُ، قَالَ: "ذِكْرُكَ أَخَاكَ بِمَا يَكْرَهُ"، قِيلَ: أَفَرَأَيْتَ إِنْ كَانَ فِي أَخِي مَا أَقُولُ؟ قَالَ: "إِنْ كَانَ فِيهِ مَا تَقُولُ فَقَدِ اغْتَبْتَهُ وَإِنْ لَمْ يَكُنْ فِيهِ فَقَدْ بَهَتَّهُ"

Die Bedeutung lautet: "Wisst ihr was die üble Nachrede ist?"Die Gefährten sagten: "Allâh und Sein Gesandter wissen es." Er sagte: "Dass du etwas in Bezug auf deinen muslimischen Bruder erwähnst, was er nicht mag." Sie fragten: "Und wenn das stimmt, was ich über ihn sage?"Er erwiderte: "Wenn das stimmt, was du über ihn geredet hast, so hast du Übles über ihn gesprochen und wenn es nicht stimmt, was du über ihn geredet hast, so hast du ihn verleumdet."

Die verbotene, üble Nachrede ist das Erwähnen des Muslims mit dem, was auf ihn – an Fehlern – zutrifft, wovon er es aber hasst, dass du sie erwähnst, gleich, ob dieses auf seinen Körper, seine Abstammung, seine Kleidung, sein Haus oder seinen Charakter bezogen ist. Ein Beispiel ist, dass du sagen würdest: Jener ist kleinwüchsig, oder schielt, oder sein Vater ist Gerber, oder jener hat einen schlechten Charakter, oder

schlechtes Benehmen, oder schläft viel, oder isst viel, oder die Kinder von jenem haben eine schlechte Erziehung, oder jener wird von seiner Frau kontrolliert oder ähnliches, worüber du weißt, dass er dieses hasst.

Das Verleumden (al-Buhtân) ist das Erwähnen des Muslims mit dem, was nicht auf ihn zutrifft, wovon er es jedoch hasst, dass dies über ihn gesagt wird. Die Sünde hinsichtlich des Verleumdens ist größer als die Sünde bezüglich der üblen Nachrede, weil das Verleumden das Lügen beinhaltet.

Brüder im Islam, die bereits erwähnte Âyah

﴿ولا يَغْتَبْ بَعضُكُمْ بَعْضًا أَيُحِبُّ أَحَدُكُم أَنْ يَأْكُلَ لَحْمَ أَخِيهِ مَيْتًا فَكَرِهْتُمُوهُ﴾

beinhaltet ein eindeutiges Verbot der üblen Nachrede sowie eine deutliche Warnung davor, denn darin wird die üble Nachrede so ähnlich dargestellt, wie das Essen vom Fleisch eines verstorbenen Muslims, somit ist die Abscheulichkeit dieser Sünde deutlich.

Abû Dâwûdüberlieferte über Anas, dass der Gesandte Gottes sagte:

"لَمَّا عُرِجَ بِي ـ أَي ليلة الإسراء والمعراج ـ مَرَرْتُ بِقَوْمٍ لَهُمْ أَظْفَارٌ مِنْ نُحَاسٍ يَخْمِشُونَ وُجوهَهُمْ وصدُورَهُمْ فَقُلْتُ مَنْ هَؤُلاءِ يا جِبْرِيلُ قالَ هؤلاءِ الّذينَ يَأْكُلونَ لُحومَ النَّاسِ ـ أَيْ يَغْتابونَهُمْ ـوَيَقَعُونَ في أَعْرَاضِهِمْ"

Die Bedeutung lautet: In der Nacht der Nachtreise und Himmelfahrt kam ich an Menschen vorbei, die Fingernägel aus Kupfer hatten, mit denen sie ihre Gesichter und Brüste zerkratzten. Ich sagte: Djibrîl, wer sind diese? Er sagte: Diese sind Menschen, die die üble Nachrede begingen.

Darin steckt eine Warnung an die Person, die diese Sünde begeht, weil darin erwähnt wird, welche Bestrafung sie im Jenseits erwartet.

Bruder im Islam, wisse, dass es auch verboten ist, der üblen Nachrede zuzuhören. Wenn jemand an einem Ort ist, an dem die üble Nachrede begangen wird, dann ist man verpflichtet, zur Unterlassung der üblen Nachrede aufzufordern, und wenn man dazu nicht in der Lage ist, dann ist man verpflichtet, diese Sitzung zu verlassen, wenn man zum Verlassen der Sitzung in der Lage ist und ist verpflichtet diese Sünde im Herzen zu verwerfen um der Sünde zu entkommen. Und für das Unterlassen von der Verletzung des Muslims gibt es eine Belohnung, die nicht gering ist, denn der Imâm at-Tirmidhiyy überlieferte, dass der Gesandte Gottes sagte:

"مَنْ رَدَّ عن عِرْضِ أَخِيهِ رَدَّ اللهُ عَنْ وَجْهِهِ النَّارَ يَوْمَ القِيامَة"

Die Bedeutung lautet: Die Person, die von der Verletzung des Muslims ablässt, wird am Tag des Jüngsten Gerichts vor dem Feuer bewahrt sein.

Brüder im Islam, wisset auch, dass die üble Nachrede in einigen Fällen erlaubt und manchmal sogar Pflicht ist. Die pflichtige üble Nachrede ist wie die religiöse Warnung vor der Person, die verbotene Handlungsformen begeht oder falsche Glaubensweisen hat, auch wenn diese kein Unglaube sind. Somit ist man verpflichtet, vor dem Händler, der die Menschen betrügt, zu warnen, so wie der Imâm Muslim über Abû Hurayrah überlieferte, dass der Gesandte Gottes an einem Haufen Weizen vorbei ging, seine Hand dort hineinsteckte und sie wurde nass. Dann sagte der Gesandte Gottes :

"مَا هَذَا يَا صَاحِبَ الطَّعَامِ"، قالَ أَصَابَتْهُ السَّمَاءُ ـ أَيِ الْمَطَرُ ـ يَا رَسُولَ اللهِ، قالَ "أفَلا جَعَلْتَهُ فَوْقَ الطَّعامِ كَيْ يَرَاهُ النَّاسُ مَنْ غَشَّ فليسَ مِنِّي"

Die Bedeutung lautet: O Verkäufer, was ist das?Der Verkäufer sagte: Der Weizen wurde vom Regen getroffen, o Gesandter Gottes.Der Gesandte Gottes sagte: Tue diesen oben hin, damit die Menschen ihn sehen, wer betrügt, befolgt mich nicht auf vollkommene Art.

Es ist auch Pflicht, den Arbeitgeber vor seinem Arbeitnehmer, der sein Vertrauen missbraucht, zu warnen; und man sollte nicht – wie einige Unwissende – sagen, dass dieses Warnen die Unterbrechung der Versorgung anderer wäre, weil diese damit die Beziehung zum Diener den Religionsgesetzen vorziehen.

Zu den Pflichten gehört auch das Warnen vor denjenigen, die sich als islamische Gelehrte und Lehrer ausgeben, in Wahrheit aber keine sind. Bruder im Islam, wenn du von einem Wegelagerer hörst, der die Reisenden nachts anhält, sie beraubt oder tötet, was würdest du dann tun, wenn du wissen würdest, dass ein Gläubiger diesen Weg passieren möchte? Bist du dann nicht etwa verpflichtet, ihn zu warnen und ihm über diesen Wegelagerer zu berichten? Oder würdest du darüber schweigen, obwohl du wissen würdest, welchen Schaden dein Schweigen mit sich ziehen würde, und obwohl du weißt, dass er von dir akzeptiert? Doch, du bist verpflichtet, ihn zu warnen und darauf hinzuweisen, denn wenn du dies nicht tun würdest, dann würdest du damit sündigen.

So ist es auch, wenn du von einer Person erfährst, die von sich behauptet, Wissen über die Religion zu haben und sich als Gelehrter oder Lehrer ausgibt und das behauptet, was der Religion widerspricht; wäre es etwa ausreichend, zu schweigen, obwohl du in der Lage wärst, dies zu verhindern und davor zu warnen? Es wäre nicht ausreichend! Du bist dann sogar verpflichtet, den Menschen den Ratschlag zu geben und sie vor dieser Person zu warnen, denn die Warnung vor dem, was im Jenseits in die Hölle führt, ist vorrangiger als die Warnung vor dem Wegelagerer, dessen Schaden über das Weltliche nicht hinausgeht. Und der Schaykh Abû ^Aliyy ad-Daqqâq sagte: „Derjenige, der die Gerechtigkeit verschweigt, ist wie ein stummer Teufel.“Darin liegt er richtig.

Die üble Nachrede ist in manchen Situationen erlaubt. Dazu gehört, dass man einen islamischen Gelehrten nach einer Gesetzgebung fragt, indem man z. B. sagen würde: Mein Vater tat mir jenes Unrecht an, wie habe ich mich zu verhalten?Oder: Mein Ehemann hat mir jenes angetan, was soll ich tun?Oder Ähnliches.

Bruder im Islam, bewahre dich davor, die üble Nachrede zu begehen, denn sie ist eine abscheuliche Gewohnheit. Bewahre deine Zunge, hüte dich davor, nach den Fehlern der Menschen zu suchen und arbeite darauf hin, dich selbst zu bessern und deine eigenen Fehler zu beseitigen, anstatt nach den Fehlern anderer zu suchen. Denn wenn du so handelst, dann wirst du keine Zeit finden, nach den Fehlern anderer zu suchen.

Erinnere dich an die, vom Imâm atTabarâniyy überlieferte, Aussage des Propheten Muhammad : "أكثَرُ خطايَا ابْنِ ءادمَ مِنْ لِسانِه"

Die Bedeutung lautet: Die meisten Sünden begeht der Mensch mit seiner Zunge.

Und denke daran, dass Ibn Hibbân überlieferte, dass der Gesandte Gottes sagte:

"عليكَ بِطُولِ الصَّمْتِ إِلّا مِنْ خَيْرٍ فَإِنَّهُ مَطْرَدَةٌ لِلشَّيطانِ عَنْكَ وَعَوْنٌ لَكَ علَى أَمْرِ دِينِكَ"

Die Bedeutung lautet:Sei lange schweigsam, außer bei Gutem, weil darin die Vertreibung des Teufels steckt und deine Unterstützung für deine Religionsangelegenheiten.

Dies dazu und ich bitte Allâh für mich und euch um Vergebung.

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